Der 6. Mai ist der Tag, der jedem Schweizergardisten in Erinnerung bleiben wird. Es ist der Tag, an welchem er mit der Linken das Banner der Päpstlichen Schweizergarde umfasst, die Schwurfinger der Rechten erhoben und mit kräftiger Stimme bekannt hat: «Ich schwöre, alles das, was mir soeben vorgelesen wurde, gewissenhaft und treu zu halten, so wahr mir Gott und seine Heiligen helfen.» Jedes Jahr am 6. Mai leisten die neu eingetretenen Schweizergardisten ihren Treue-Eid und bezeugen, auch ihr Leben für den Papst hinzugeben, wenn es die Umstände verlangen.
Mit der Vereidigung der neuen Gardisten am 6. Mai gedenkt die Schweizergarde dem Heldentod ihrer Ahnen: Am 6. Mai 1527 wurden 147 Gardeknechte von den ausser Rand und Band geratenen kaiserlichen Söldnern erbarmungslos niedergemetzelt, als sie Papst Klemens VII. beschützen wollten. Nur 42 Schweizergardisten entrannen dem scheusslichen Blutbad, weil sie – zum persönlichen Schutz des Papstes bestimmt – rechtzeitig mit ihm die rettende Engelsburg erreichten.
Trotz Rückzugsbefehl geblieben Eigentlich hätte Gardehauptmann Kaspar Röist und mit ihm 43 Gardisten, die aus zürcherischem Hoheitsgebiet stammten, zum Zeitpunkt dieses Gemetzels gar nicht mehr in Rom sein dürfen. Die Zürcher Regierung hatte sie drei Monate zuvor zurückgerufen, doch beschlossen sie, den Papst bei der drohenden Kriegsgefahr nicht zu verlassen. Der Gardehauptmann war sich bewusst, was die Ehre in dieser Stunde von ihm verlangte. Er schrieb nach Zürich, dass er es vor Gott und seiner Ehre nicht verantworten könne, seinen päpstlichen Herrn dem Schicksal zu überlassen.
An heiliger Stätte niedergemetzelt... Aus Paul M. Kriegs «Die Schweizergarde in Rom» (Räber-Verlag, Luzern, 1960; Orell Füssli Verlag, 2006) ist zu erfahren, dass Gardehauptmann Röist am Morgen des 6. Mai 1527 mit einem Häuflein der Seinigen an der Porta delle Fornaci gekämpft hat und dabei am Kopf schwer verletzt worden ist. Krieg schreibt: «Die Feinde aber stürzten wie eine tobende Flut durch alle Breschen und drängten mit ihrer Übermacht die Verteidiger Schritt um Schritt
rückwärts. Die meisten Schweizer gelangten bis zum Obelisken. Er stand damals noch auf dem Platz vor dem Camposanto, wo einst der Apostel Petrus sein Blut für Christus vergoss; jetzt verspritzten sie heldenhaft das ihrige für Christi Stellvertreter. Bis auf den letzten Mann wurden sie niedergehauen.» Die anderen Gardeknechte, welche die Eingänge zum vatikanischen Palast bewachten, mussten – jeden schrittbreit Boden verteidigend – ins Heiligtum von St. Peter flüchten. Die Feinde stürmten ihnen nach und hieben sie am Hauptaltar von St. Peter nieder.
Schwerverletzten Hauptmann nicht geschont «Die blutgierigen und bluthungrigen Soldaten», so schreibt Monsignore Paul Maria Krieg, während mehr als 36 Jahren Seelsorger der Päpstlichen Schweizergarde, in «Die Schweizergarde in Rom», «machten sich nun an die Plünderung und drangen auch ins Gardequartier ein. In der Wohnung des Hauptmanns fanden spanische Kriegsknechte den schwerverwundeten Röist, vor den sich dessen Gattin Elisabeth vergeblich schützend stellte. Sie verlor drei Finger und musste es trotzdem geschehen lassen, dass er vor ihren Augen erschlagen wurde.»
Aus diesem Grund schwören die jungen Schweizer, die sich dem Papst zur Verfügung stellen, jedes Jahr am 6. Mai, notfalls ihr eigenes Leben herzugeben, wenn es darum geht, den Papst zu verteidigen.
Sicher sind die Aussichten für die Gardisten heute unter Papst Franziskus weniger gefährlich als damals. Aber wer kann schon garantieren, dass der blinde Terrorismus nicht eines Tages von den Schweizergardisten einen heldenhaften Einsatz verlangt?
Papst Paul VI. wusste bestimmt, warum er 1970, als er die Päpstliche Gendarmerie auflöste, nachdem schon in früheren Jahren die Nobelgarde und die Palatingarde abgeschafft worden waren, ausgerechnet die «Svizzeri» behalten hat: Weil sich der Päpstliche Hof seit der Gründung der Garde im Jahr 1506 durch Papst Julius II. auf die Schweizer verlassen konnte – und verlassen kann!
Hans Werz
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Der Treue-Eid Mit der Vereidigung der neuen Gardisten am 6. Mai gedenkt die Schweizergarde dem Heldentod ihrer Ahnen
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